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Dienstag, 31. Januar 2012

Zwischen Bajonett und Querflöte

300 Jahre wäre er nun alt: Doch ist es momentan so, als wäre er noch unter uns. Kaum ein Medium - egal ob Presse, TV oder Radio -, hat sich der Aufarbeitung des "Mythos Friedrich" entzogen. Von überall grüßt er bunt gekleidet und verträumt dreinblickend. Das sogenannte "Friedrich-Jahr" nimmt beinahe heilige Züge an. Warum erfreut sich Friedrich II. solch einer großen Beliebtheit? Etwa wegen seiner Qualitäten als Feldherr und der damit suggerierten preußischen Disziplin, dem unbändigen Willen? Er führte die Preußen auf dem Schlachtfeld an, in den Schlesischen Kriegen beispielsweise oder dem Siebenjährigen Krieg. Der Nimbus des Unbesiegbaren haftete an ihm, zumindest bis zur katastrophalen Niederlage in der Schlacht bei Kunersdorf 1759 gegen die russisch-österreichischen Gegner. Oder ist es gerade das nicht? Eher seine musische und literarische Ader? Sein Interesse für Literatur, seine regen Briefwechsel mit Voltaire oder doch eher seine unglaubliche Liebe zum Flötenspiel? Eigenschaften, die ihn schlicht und ergreifend anders als die anderen Feldherren vor (und auch nach) ihm machten. Vielleicht eine Mischung aus beidem: Willen und Flötenspiel. Eine Anekdote aus seiner Jugend, die diese beiden Begriffe zusammenbringt: Als Jüngling wollte er seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen und eben jene Querflöte spielen. Sein Vater aber, ein Mann bis zur Schädeldecke mit preußisch-militanten Denken gefüllt, verbot ihm diese unmännliche Tätigkeit. Er solle sich lieber an den Waffen üben. Der junge Friedrich wollte nach Frankreich türmen. Hier, im Lande der aufgeklärten Philosophen und musischen Freigeistern, hoffte er auf ein Aufeinandertreffen mit Gleichgesinnten. Sollten sie sich auch hier nicht finden lassen, könnte er immer noch weiter gen England ziehen. Dieser Weg wäre allemal kürzer als der von Preußen aus. Gemeinsam mit Kumpel Katte sollte es eines Nachts losgehen. Doch bevor die ersten Schritte in die Freiheit gemacht werden konnten, erkannte Vater Friedrich Wilhelm den Fluchtversuch. Er ließ Katte festnehmen und sorgte persönlich für seine Hinrichtung - vor den Augen des jungen Friedrich.
Der schöngeistige Esprit des preußischen Königs hallte, auch aufgrund dieser Geschichte, auf verschiedenster Weise durch die Jahrhunderte bis heute. Wurde er Ende des 19. Jahrhunderts noch als Vorreiter des "Deutschen Dualismus" diffamiert, stilisierten ihn Politiker und Aristokraten des frühen 20. Jahrhunderts zum Wegbereiter des protestantischen Deutschlands. Auch die Nationalsozialisten sprangen auf den "Friedrich-Zug" auf und machten plump aus ihm den "ersten Nationalsozialisten". Die charismatische Art des "Alten Fritz" infizierte, damals wie heute, Menschen jeglicher poltischen Gesinnung und kultureller Couleur. Friedrich II. starb zwar bereits 1786 - in einem Sessel auf Schloss Sanssouci -, doch der Mythos lebt weiter. Alles Gute zum 300.!

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