Snake Skin Shoes

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Donnerstag, 29. Dezember 2011

"Theo, wir fahren nach Eppheim!"

Der Tatort gilt eigentlich als ein sonntaglicher Event der die Massen kollektiv vor den Fernseher zieht und gute Unterhaltung bietet. Egal ob die münsteraner, die kölner oder die kieler Version: Bis auf einige Ausnahmen wurden hier nie unzufriedene Zuschauer hinterlassen. Der letzte "Odenthal-Tatort", welcher sich um die Ermordung einer aufstrebenden Fußballerin drehte und den illustren Namen "Im Abseits" trug, dürfte aber so einige Lacher unter den Zuschauern hervorgerufen haben. Nicht nur die oscarverdächtigen Wortbeiträge von Oliver Bierhoff ("Unfall?") oder Steffi Jones ("Theo, wir fahren nach Eppheim!"), garniert mit cineastisch-wertvollen Schauspieleinlagen a là Theo Zwanziger oder Celia Okoyino da Mbabi, sorgten für einen grandiosen Auftritt unserer DFB-Spitze. Leider sollte sich dieser schauspielerische Glanzauftritt der Leistung  der Frauennationalmannschaft auf dem Platz bei der WM 2011 im eigenen Lande anpassen.



Dienstag, 27. Dezember 2011

Sprücheklopferparade (3): Cristiano Ronaldo

Freistoß. Ein Mann läuft zum Ball. Er legt diesen punktgenau auf die Grasnarbe. Nimmt maßgeschneiderte fünf Schritte Anlauf und spreizt die Beine. Nachdem Ronaldo den Pfiff des Schiris abwartet, sprintet er dem Ball entgegen, feuert ihn auf das gegnerische Tor, trifft und jubelt frenetisch.
Kaum einer kennt diese Art von Szene nicht. Zu oft konnte man sie bereits in den Stadien sehen. Cristiano Ronaldo: Ein Exzentriker per excellence auf dem Fußballfeld, allerdings auch ein sehr guter, wenn auch egoistischer Kicker. Ronaldo, Jahrgang 1985, errang englische und spanische Meisterschaften, Pokal- und Champions League-Siege mit Manchester United und Real Madrid. Er erhielt die Auszeichnungen Fußballer des Jahres in England, wurde Europas Fußballer des Jahres und Weltfußballer. Ronaldo wurde Torschützenkönig und Gewinner des Goldenen Schuhs. In den letzten zweieinhalb Spielzeiten für Real Madrid schoss er über 100 Tore. Die ersten Gehversuche des Portugiesen erfolgten bei Nacional Funchal; mit 12 Jahren dann der Wechsel zu Sporting Lissabon. Bei einem Testspiel der Leões gegen Manchester United brillierte Ronaldo so sehr auf den Flügeln, dass sich der Coach der Red Devils verpflichtet sah, diesen Mann unter Vertrag zu nehmen, um somit einen Nachfolger für den nach Madrid abgewanderten David Beckham zu formen. Der Transfer des Mannes mit der Nummer 7, welche bereits Größen wie Best, Cantona und eben jener Beckham vor ihm trugen, erwies sich als Volltreffer. Ronaldo sollte bald in einem Atemzug mit den zuvor erwähnten ManUnited-Legenden genannt werden. Real Madrid beäugte die Entwicklung des beidfüßigen Dribblers intensiv. Bereits zwei Jahre nach seinem Wechsel zu Manchester versuchten die Madrilenen Ronaldo abzuwerben. Doch sollte es ihnen erst 2009 gelingen - mit dem unglaublichen Rekordablösebetrag von 94 Millionen Euro.
Ronaldo füttert allerdings nicht nur die Inhalte der Sportmagazine. Vermehrt berichten Boulevardblätter über seine Frauengeschichten, seinen Reichtum, seiner Prollerei, seinem unehelichen Kind, gar über seinen alkoholkranken Vater, welcher an den Folgen der Sucht starb. Statt in der Sonne der Kanaren sollte er sich öfter im Flutlicht sonnen; statt egozentrisch mit dem Ferrari über die Straßen zu brausen, eher mit dem Teambus die Mautstationen passieren; statt mit übermodischen Outfits aufzufallen, sollte er lieber öfter den Dress der Madrilenen tragen. Es täte ihm gut und würde in größer und angesehner werden lassen, wie beispielsweise sein Pendant beim FC Barcelona, Lionel Messi, dem bescheidenen, aber nicht minder polarisierenden Kicker. Mit folgender Aussage jedoch trägt CR7 nicht zu einer Besserung seines Ansehens bei:

"Fans verspotten mich, weil ich gut aussehe, reich und ein großartiger Sportler bin."


Wohl wahr, wohl wahr.

Sonntag, 25. Dezember 2011

#50

Die Zahl 50.
Ab 50 Jahren muss man sich nach neuen Perspektiven in der Berufswelt umsehen - wenn es schlecht läuft. Désirée Nick fragt gar, ob es überhaupt ein Leben nach 50 gibt! Der 50ste Geburtstag wird großartig begossen. Ein 50. Bundesliga- oder Länderspiel wird feierlich im Kicker Sportmagazin erwähnt. Ein halbes Jahrhundert dauert 50 Jahre. Die Goldene Hochzeit wird nach 50 Jahren der Liebe gefeiert. Pfingsten ist am 50sten Tag nach Ostern.Fünfzig. Fifty. Cincuenta. Cinquanta. Elli. Man darf innerorts die Tachonadel nicht über die 50 streifen lassen. 50 = 52 + 52 = 72 + 12: damit ist 50 die kleinste positive Zahl, die sich auf mehr als eine Art als Summe von zwei positiven Quadratzahlen darstellen lässt. 50 Kg sind ein Zentner. Für das Urheberrecht an Bildern gelten 50 Jahre als Schutzdauer nach dem Tode des Künstlers.

Artikel Nummer 50 meines Blogs: Hinter dieser Zahl versteckt sich weit mehr, als ich dachte!

Ein Dank an Mr. Wikipedia

Wer die verschiedenen Ordner der Geschichte, Politik und Anglistik im Kollegiengebäude Nummer IV der Uni Freiburg durchstöbert, um seine Literatur für das jeweile Seminar wieder auf den neuesten Stand zu bringen, wird momentan von Jimmy Wales lächelnd begrüßt. Ein Portrait von ihm prangert auf der ersten Seite jedes Hefters. Eine Erinnerung, seine Wissensplattform nicht für seine wissenschaftlichen Arbeiten zu nutzen oder gerade das Gegenteil: Ein Aufruf an eben jenen Mann zu denken, der uns die kostenlose Wissenszufuhr über das Netz überhaupt erst möglich gemacht hat?
Wales wurde 1966 als Sohn eines Gemischtwarenhändlers in den USA geboren. Bereits früh widmete er sich Lexikonartikel einer Enzyklopädie in Buchform, die seine Mutter eigens für ihn erstanden hatte. Nach der Absolvierung des Bachelorgrades versuchte er sich mit ersten Diskussionen im sogenannten Usenet, ein elektronisches Netzwerk, welches als Plattform für Diskussionen fungierte. Kurz darauf gründete er mit Geschäftpartnern Bomis. An diesem virtuellen Stammtisch konnten sich Interessierte treffen, um sich über Wissenschaft, Unterhaltung und Erotik auszutauschen. Im Jahr 2000 dann wagte sich Wales das erste Mal an eine englischsprachige Internetenzyklopädie. Zuerst sollte sie nur ein Versuchsprojekt seiner Firma Nupedia werden, doch wuchs sie so rasant, dass er 2001 nicht drumherum kam, sie unter dem Namen Wikipedia freizuschalten. Das virtuelle Lexikon wuchs beinahe ins unendliche. Wales gehe immer "vom Guten im Menschen aus", er setze auf einen "offenen Austausch von Informationen" und eine "breite öffentliche Beteiligung". Die Masse der Artikel die im Laufe der Jahre entstand, die deutsche Wikipedia umfasst mittlerweile über 1,3 Millionen, die englische gar über 3,8 Millionen Artikel, ließ die Qualität dieser sinken. Nicht mehr alle Einträge konnten kontrolliert werden. Dieses Problem änderte sich in den letzten Monaten: Mittlerweile gibt es 900 Autoren, auch "Wikipedianer" genannt, die das Schreiben als Berufung sehen und das Netz peu à peu mit wissenswerten Dingen füllen. Somit ist eine qualitative Steigerung der Beiträge in Aussicht. Jimmy Wales Vision, so gut zu sein wie der Brockhaus, könnte vielleicht bald in Erfüllung gehen.

Wer Wikipedia benutzt, wird meist nur belächelt. In Hausarbeiten diese Wissensplattform als Quelle anzugeben, ist verpönt. Der Ausdruck "das war ja ein reines Wikipedia-Referat" hat sich als negative Kritik durchgesetzt. Doch dient es als wunderbares Hilfsmittel, sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Auch wenn man seinen ständigen Spendengesuchen nicht nachkommt: Ein wenig mehr Respekt hätten Wales und seine Wissensplattform deshalb allemal verdient.

PS: Welche Homepage mir als Quelle diente, bleibt an dieser Stelle dezent unerwähnt.

Freitag, 23. Dezember 2011

Linkwink: DJ Kim is in the house!

Was haben Busy P, Daft Punk und David Guetta gemeinsam? Im ersten Moment denkt man an ihre Fähigkeiten, an den Plattentellern zu drehen und feierwütige Menschen mit elektronischen Klangmelodien zu versorgen. Doch weit gefehlt. Allen war es vergönnt, mit einem Fachmann der menschenrechtsverletzenden und nordkoreanischen Diktatursrhythmen zu kollaborieren!

http://kimjongildroppingthebass.tumblr.com/

Schwarz und weiß wie Schnee

Am 33. Spieltag der vergangenen Saison spielte sich wohl eine der schlechtesten Bundesliga-Begegnungen der letzten Jahre ab: Eintracht Frankfurt gegen den 1. FC Köln. Der Kicker gab dieser Partie die Note 5,5 und kommentierte, sie sei jenseits der Zumutbarkeit gewesen. Was sich danach abspielte, ist noch mieser zu bewerten. Eine Schlacht der Frankfurter "Fans" gegen Polizeitruppen.

Nach unzähligen Festnahmen, Geldstrafen, dem Abstieg in die Zweite Bundesliga und einer logischen Trainerentlassung, ist die Eintracht nach einem halben Jahr voller Chaos wieder auf einem guten Weg: Aufstiegsplatz, Trainer mit einem einigermaßen plausiblen Konzept und einer talentierten Mannschaft. Auch die Anhänger im Frankfurter Block haben sich besonnen. Statt ihrer Energie in Form von Randale und Wut freien Lauf zu lassen, unterstützen sie ihr Team neunzig Minuten lang mit Fangesängen gegen den Karlsruher SC Anfang Dezember - und das, obwohl diese Begegnung für den Liebhaber des Fußballsports auch nicht viel besser war.



Dienstag, 13. Dezember 2011

Viele Gesichter, eine Person (4)



In unregelmäßigen Abständen soll in dieser kleinen Serie die Vielfalt des Gesichts, der Mimik und Emotion, gezeigt werden. Egal ob lächelnd, grimassenschneidend oder einfach nur verrückt: Die 26 Gesichtsmuskeln sollen ganze Arbeit leisten. Heute: Judith, Studentin der Philosophie und Volkswirtschaft, 20 Jahre.

Freitag, 9. Dezember 2011

Liebe zum Abreißen



Eine wunderbare Aktion von Studenten der Uni Freiburg diesen Dezembers, welche - im wahrsten Sinne des Wortes -, "Liebe zum Abreißen" anbieten. An so manchen Orten im KGIV ist ein solches Plakat zu finden. Sie versuchen scheinbar das "Problem Liebe", was, so der französischen Dramatiker Jean Anouilh, auch Marx nicht gelöst habe, aus der Welt zu schaffen. Welch kühnes Vorhaben!

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Sprücheklopferparade (2): Dettmar Cramer

Dettmar Cramer war so einiges: Trainer des FC Bayern München, Assistenz-Trainer der Deutschen Fußballnationalmannschaft unter Helmut Schön, Cheftrainer der US-Auswahl und, was einige nicht wissen, der erste Redakteur des ZDF im Bereich Sport. Jedoch war dieser Abstecher nur von kurzer Dauer: Ganze drei Monate hielt er es nur aus. Ihm fehle der direkte Kontakt zum Fußball, so der im Jahr 1925 geborene Dortmunder. Im Fußballgeschäft sollte er es um einiges länger aushalten. Neben zahlreichen Erfolgen, unter anderem dem Pokal der Landesmeister und dem Weltpokal mit den Bayern, heimste Cramer fleißig Spitznamen ein: Wegen seiner Körpergröße von 1,61m wurde er "Napoleon" genannt, Sepp Maier titulierte ihn liebevoll "Laufender Meter". Seine Vielzahl an Trainerstationen, von Teutonia Lippstadt über Bayern München und Al-Ittihad bis zu Aris Thessaloniki, brachten ihm zudem den Beinamen "Weltenbummler". Dettmar Cramer, welcher ab 2002 offiziell seinen Ruhestand genießt, wurden während seiner Laufbahn so einige Ehren zuteil: Er bekam das Bundesverdienstkreuz verliehen, stieg zum Indianerhäuptling auf,  erlangte zwei Ehrenprofessuren und wurde in die Japanische Fußball Ruhmeshalle aufgenommen. Eine Ehre ihm unverständlicherweise nicht zu Teil wurde, war, für diese philosophische Weisheit, in einem Atemzug mit Aristoteles und Sartre genannt zu werden. Er hätte es sich redlich verdient:

"Es hängt alles zusammen. Sie können sich am Hintern ein Haar ausreißen, dann tränt das Auge."


Montag, 5. Dezember 2011

Um Jahre gealtert und plötzlich retro

Grab dir deinen Achselbeutel und let's go! Wenn du dir ganz sure bist, dann lass' mal Bahnhof zum Karusselfleisch. Alta, sei kein Körperklaus, ich brauch was zum vertilgen, dann können wir weiter rulen, so ganz anti-retro auf N64 um Bildschirmbräune zu tanken! I like! Ftw! Fjeden?! Oder willst du lieber zur Gammelfleischparty gabbern um dort ne Runde zu dancen und unseren Unterhopft-sein-Status upzugraden? Wie, du dislikest das? Doch lieber für's chillen oder hartzen? Wir googeln uns einfach ne fette Location und schimmeln ne Runde. Deal? Thumps up? Nein?! Alter, du Kathetherpeter, du hast doch keinen Swag. I tell you, Alter, c u!


Diese Woche wählte der Langenscheidt Verlag das Jugendwort des Jahres. Die Wahl fiel auf "Swag", was für einen besonders "lässigen" und coolen" Zustand steht.Warum komme ich mir plötzlich so alt vor?

Freitag, 2. Dezember 2011

Viele Gesichter, eine Person (3)



In unregelmäßigen Abständen soll in dieser kleinen Serie die Vielfalt des Gesichts, der Mimik und Emotion, gezeigt werden. Egal ob lächelnd, grimassenschneidend oder einfach nur verrückt: Die 26 Gesichtsmuskeln sollen ganze Arbeit leisten. Heute: Jörg, Student der Geschichtswissenschaft und Kunstgeschichte, 29 Jahre.

Dienstag, 29. November 2011

HartzIV oder doch lieber was "Handfestes"?

Welcher Student der Geschichtswissenschaft hat diese Frage nicht schon einmal gehört: "Und, was willst du dann damit machen?" Besonders schlagfertige Kommilitonen geben zur Antwort, dass das Geschichtsstudium eine tolle Grundlage zum Ausfüllen der HartzIV-Unterlagen sei. Wer nicht einen solch schnäppischen Kommentar zum Besten geben möchte, kann, wie in diversen Tutoraten zum Handwerkszeug eines Historikers gelehrt, zitieren. Und zwar nicht irgendjemanden, sondern Josef Joffe, Mitherausgeber der Wochenzeitung Die Zeit. Dieser schrieb vergangenen Donnerstag einen wunderbaren Artikel über den Vorteil vom Besitz historischer Kenntnisse. Man wisse über allgemeine Zusammenhänge besser Bescheid, etwa warum der Krieg in Afghanistan nicht funktioniere oder warum der arabische Frühling so spät zu Stande kam. Besonders wertvoll ist laut Joffe, der Wirtschaftswissenschaften, Politologie und Philosophie studierte, auch die Information, dass Talleyrand kein Sterne-Restaurant in Frankreich sei - wie von einigen Mitbürgern, ob bürgerlicher oder akademischer Herkunft, angenommen -, sondern ein französischer Staatsmann Ende des 18. Jahrhunderts. Erschreckend sei auch, dass Geschichte nur noch eine untergeordnete Rolle spielen soll, ihr drohe das gleiche Schicksal wie Latein und Griechisch. Dabei kann man ohne diese Wissenschaft doch nicht einmal die Zeitung lesen: Wer oder was ist eigentlich dieser "kleine Napoleon"? Ist das etwa der Kosename von Carla Bruni für ihren Ehegatten und französischen Staatspräsident Nicolas Sarkozy, welcher oftmals mit diesem Beinamen geschmückt wird? Wie soll man die Konflikte der Alteingesessenen gegen die Zuwanderer in Europa oder Amerika verstehen, wenn man ihre Historie nicht kennt? Wen Joffes wunderbare pointierte Ausführung nicht zu einem Studium der Geschichte, egal ob mit Schwerpunkt Altertum, Mittelalter, Neuzeit oder Neuere und Neueste, motiviert hat, sollte sich lieber etwas "Handfestes" suchen. Wie wäre es mit Wirtschaft oder Jura?

Die Antwort gibt der 67-jährige Autor selbst. Eine kleine Leseprobe:

Leider ist Geschichte das Gerüst, das Fachwissen von Erkenntnis unterscheidet. Weltwirtschaftskrise I und der »Tulpenwahn« des 17. Jahrhunderts lassen auch einen Ökonomen die gegenwärtige Misere besser verstehen. Das sei nicht karrierefördernd? Doch! Wer Geschichte lernt, kann recherchieren, analysieren und die Spreu vom Weizen trennen. Wer tausend Einzelheiten verständlich zusammenführen kann, wird weiter kommen als einer, der bloß PowerPoint und Excel beherrscht. Warum klagen Personalchefs zwischen Wuppertal und Washington, dass den Jungen solche Fertigkeiten fehlen?

aus: Die Zeit, Ausgabe vom 24.11.2011, Nummer 48.

Sonntag, 20. November 2011

Dem Druck erlegen

In den letzten Wochen wurde der Druck auf die Schiedsrichter in der Fußball-Bundesliga wieder immens: Die Presse prügelte auf sie ein und attestierte ihnen ein unterirdisches Zwischenzeugnis. Doch nicht nur die Medien üben sich Woche für Woche in Attacken gegen die Männer in Schwarz, auch von den Rängen hagelt es Kritik - und meist fällt diese um Längen härter aus, als die auf bedrucktem Papier: "Du blinde Sau", "Schieber" und "Schiri, du Arschloch" sind die nettesten Parolen der unzufriedenen Anhänger. Hinzu kommen "Fans" die ihre Wut nicht nur verbal äußern, sondern Bierbecher, Feuerzeuge oder Münzen auf die Unparteiischen feuern. Robin Dutt, mittlerweile Trainer in Diensten Leverkusens, stellte vergangene Saison einmal fest, dass "der Schiedsrichter dem Druck des Publikums" erlegen sei. Insgesamt setzen sich 78 486 Schiedsrichter von der  Kreisklasse bis zur Bundesliga, Spieltag für Spieltag diesem Spießrutenlauf aus, um uns Zuschauern ein Spiel zu ermöglichen; es nach Möglichkeit fair und unparteiisch zu leiten. Das dies nicht immer gelingt, sei dahingestellt. Auch falsche Entscheidungen gehören nunmal zum Spiel, sind menschlich und passieren nunmal. Manche trennen Privates vom Beruflichen, setzen sich nach erledigtem Job in eine Kneipe und trinken ihr Feierabendbier. Andere wiederum nehmen die Beleidigungen von den Rängen mit nach Hause. Fehlentscheidungen, verfolgen sie in ihren Träumen. Vielleicht ist es das, was Babak Rafati, Bundesliga- und FIFA-Referee, am gestrigen Samstag dazu veranlasste, sein Leben zu beenden. Vor der Partie des 1.FC Köln gegen Mainz 05 begang der 41-Jährige einen Selbsttötungsversuch. Nur seinen Assistenten, welche das Hotel mit ihm teilten, ist es zu verdanken, dass er überlebte. Seit dem Jahr 2000 leitet Rafati Spiele der 2., ab 2005 dann auch der 1. Bundesliga. 2008 stieg er gar in die Elite auf und wurde FIFA-Referee. War es wirklich der oben erwähnte Druck? Ist es der Steuerskandal, in den so mancher Schiedsrichter verwickelt sein soll? Spekulationen über Spekulationen. Von einem Erschöpfungssyndrom dagegen ist, laut Rafatis Vater, nicht auszugehen. Er sei glücklich gewesen, es hätte keinerlei Anzeichen für den Suizidversuch gegeben. Spieler, Trainer und Funktionäre der Bundesliga reagierten auf diesen Vorfall geschockt.

Der gestrige Tag lässt die Diskussionen um den Druck im Profi-Fußball neu entflammen. Ist dieser für "Normalsterbliche" überhaupt noch auszuhalten? DFL-Präsident Reinhard Rauball äußerte sich gegen ein unmenschliches Abdriften des deutschen Fußballs. Es gäbe "viele andere, die in der Bundesliga mit dem Druck klarkommen". Man könne nun "nicht den ganzen Fußball in Frage stellen", so Rauball bei spox.com. Jedoch häufen sich in letzter Zeit die Bekenntnisse von Funktionären und Spielern, an einem Burn-Out gelitten zu haben oder zu leiden. So zog sich beispielsweise Anfang der Saison aus diesen Gründen Ralf Rangnick vom Traineramt des FC Schalke 04 zurück. Depressionen und zu hoher Druck waren auch die Gründe für den Selbstmord unseres früheren Nationaltorhüters Robert Enke. Er hatte sich im November 2009 dazu entschlossen, aus dem Leben zu treten. Dieses schreckliche und tragische Ereignis ließ manche über den Stellenwert des Fußballs nachdenken. Man sah ein, das die Gesundheit oder das Private wichtigere Dinge sind, als das allwöchentliche Spielen auf dem Platz. Enke wurde zum Sinnbild dieser wichtigen Diskussion. Die resultierende Erkenntnis daraus hallte, wie dieser 19. November 2011 allerdings zeigt, nicht lange nach. Sonst hätte das Spiel der Kölner gegen die Mainzer mit Babak Rafati als leitende Person angepfiffen werden können.

Mittwoch, 16. November 2011

Viele Gesichter, eine Person (2)


In unregelmäßigen Abständen soll in dieser kleinen Serie die Vielfalt des Gesichts, der Mimik und Emotion, gezeigt werden. Egal ob lächelnd, grimassenschneidend oder einfach nur verrückt: Die 26 Gesichtsmuskeln sollen ganze Arbeit leisten. Heute: Clemens, Student der Geschichts- und Islamwissenschaft, 23 Jahre.

Montag, 14. November 2011

500x Krisen, Krisen und nochmal Krisen


Der 'Polit-Talk-Stern' unserer Medienlandschaft wird 500: Am 17. November feiert Maybrit Illner mit ihrer gleichnamigen Sendung einen runden Geburtstag. 1999 noch mit dem Namen Berlin Mitte auf Sendung gegangen, diskutierte die Journalistin fortan mit allen Größen aus der Politik und Wirtschaft, angefangen von Angela Merkel bis hin zu Josef Ackermann. Maybrit Illner wurde 1965 in Ost-Berlin geboren. Nach dem Abitur studierte sie Journalistik an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Das ehemalige Mitglied der SED arbeitete zunächst als Sportjournalistin, widmete sich nach der Wende 1989 aber vermehrt dem Kulturjournalismus zu. Zum Ressort Politik gelangte sie 1992 mit dem Wechsel zum ZDF. Hier moderierte Illner zunächst das Morgenmagazin, dann frontal und später die Sendung Berlin Mitte, welche seit 2007 nach ihr benannt ist. Für ihre Arbeit wurde die 46-Jährige unter anderem mit dem Bayrischen Fernsehpreis und der Goldenen Kamera ausgezeichnet. Der Gesprächsstoff wird ihr bei den unzähligen Ereignissen - und vorallem Krisen -,  in der politischen Welt vermutlich nie ausgehen: Wir freuen uns auf weitere, mindestens 500 Sendungen, egal auf welchem Sendeplatz und egal ob das Thema nun "Durchbruch in Brüssel: Ist der Euro jetzt gerettet?" oder "Sind wir nicht mehr Papst?" heißt. Herzlichen Glückwunsch, Maybrit Illner!

Sprücheklopferparade (1): Giovanni Trapattoni

Er füllte schon die Vitrinen von Bayern München, Inter Mailand und Juventus Turin mit Pokalen, doch immer wieder füttert diese rhetorische Lichtgestalt auch die Blöcke der Journalisten auf Pressekonferenzen mit herrlichen Lebensweisheiten: der italienische Fußballtrainer Giovanni Trapattoni. Kaum jemand kennt seine Kritik an die Bayernspieler 1997 nicht, in welcher der 72-Jährige die Mannschaftsleistung als "Flasche leer" bezeichnete. Nicht zu vergessen: das legendäre "Struuuuuntz!". Nach dem Spiel seiner Iren in der EM-Qualifikation, ließ il Maestro, im wahrsten Sinne des Wortes, aber endgültig die Katze aus dem Sack:

"Be careful with the cat. Don't say, that you have the cat in the sack, when you don't have the cat in the sack."



Mittwoch, 2. November 2011

Fuchsjagd mit Leberwursttaktik

Vor 44 Jahren, genauer gesagt am 2. Juni 1967, kam es in West-Berlin zu einem Ereignis, welches als Zäsur der bis dahin friedlichen Protestbewegung der Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte eingehen sollte: Die außer Kontrolle geratenen Proteste gegen den Besuch des Schahs von Persien Mohammad Reza Schah Pahlavi samt Gattin Farah Pahlavi, welcher bereits im Vorfeld, aufgrund  der politischen Unterdrückung und Verfolgung der Opposition im Landesinneren des Irans, kritisch beäugt wurde. Worte, politische Parolen und Schmähgesänge hagelte es gegen die Anhänger des Schahs. Es flogen Eier und Mehltüten. Die Antwort der sogenannten "Prügelperser", seiner Schutzpolizei, war von Aggressivität geprägt: Sie droschen auf Demonstranten ein, die Polizei unterband dies nicht. Stattdessen malträtierte diese ebenfalls das protestierende Volk. Die Operation "Fuchsjagd" war in vollem Gange: Zivilgekleidete Polizisten sollten sich auf die Jagd nach Demonstranten machen und ihre Protestaktionen unterbinden.

"Nehmen wir die Demonstranten als Leberwurst, dann müssen wir in die Mitte hineinstechen, damit sie am Ende auseinander platzt."

Neben der tierischen, gab es auch die kulinarische Anweisung: Die "Leberwursttaktik" sah vor, in der Mitte gewalttätig einzugreifen, um die Menge über die Rändern auseinander zu treiben. Mit diesen Instruktionen im Kopf, machte sich auch Polizist Karl-Heinz Kurras auf den Weg. Seine Interpretation dieses Kommandos beinhaltete Hiebe mit dem Schlagstock, Einsatz von Tränengas und einen Schuss: Dem Schuss aus seiner - angeblich gesicherten -, Waffe, um 20.30 Uhr, gegen den friedlich protestierenden Benno Ohnesorg. Dieser konnte weder von der herbeieilenden Zeugin Friederike Dollinger noch von den Sanitätern gerettet werden. Ohnesorg starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus - angeblich an einem Schädelbruch. Jedoch ist sicher, dass an der Leiche des Studenten operiert wurde, um die Ursache "Tod durch Kopfschuss" zu vertuschen. Die Stelle des Schädels wurde herausgesägt und gilt seit jeher als verschwunden.

"Bist du denn wahnsinnig hier zu schießen? - Die ist mir losgegangen."

Kurras wurde der Prozess gemacht. Jedoch sprach man ihn aus Mangel an Beweisen 1971 frei. Er selbst berief sich auf "Notwehr". Gegen welche Tat er sich wehren musste? - man weiß es nicht. 2009 wurde gegen ihn erneut ein Verfahren aufgenommen. Seine Stasi-Tätigkeit wurde bekannt; es sollte untersucht werden, ob er nicht von den Offiziellen Ost-Berlins angestiftet wurde, einen Studenten umzubringen. Am heutigen Mittwoch wurde das Ermittlungsverfahren gegen den heute 83-Jährigen wegen des Schusses an Benno Ohnesorg eingestellt. Kurras hätte wohl damals nicht gedacht, dass ihm diese Leberwurst nach so langer Zeit, noch so schwer im Magen liegen würde.

Dienstag, 1. November 2011

Viele Gesichter, eine Person (1)


In unregelmäßigen Abständen soll in dieser kleinen Serie die Vielfalt des Gesichts, der Mimik und Emotion, gezeigt werden. Egal ob lächelnd, grimassenschneidend oder einfach nur verrückt: Die 26 Gesichtsmuskeln sollen ganze Arbeit leisten. Heute: Simon, Geschichts- und Französischstudent, 24 Jahre.

Sonntag, 30. Oktober 2011

Herzliche Faulheit


Der Herbst schenkte uns einen Apfel, der zwar faul war, aber seine Ungenießbarkeit wunderbar zu äußern pflegte.

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Erinnerungen aus den 70er Jahren


Im Laufe dieser Woche wurden in Berlin mehrere Brandbomben gefunden und entschärft. Eine linksextreme Gruppe hat sich zu den Anschlägen bekannt. Sie fordert den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sowie die Freilassung des US-Soldaten Manning, der wegen Weitergabe geheimer Dokumente an WikiLeaks in Gefangenschaft sitzt. Erinnerungen an die Rote Armee Fraktion werden wach. Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre verübte die Baader-Meinhof-Gruppe, ein Synonym für die Rote Armee Fraktion, einige Anschläge, um das Treiben der US-Forces in Vietnam zu beenden und den "faschistischen Staat" zu demaskieren. Jedoch kam es nur zu materiellen Schäden. Die sogenannte "Zweite Generation" der RAF, um Brigitte Mohnhaupt und Verena Becker, verübte tödliche Attentate auf führende Personen, unter ihnen Bundesgeneralanwalt Siegfried Buback und Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer. Einen Vergleich lässt die Berliner Morgenpost zu: Sie zitiert die Gewerkschaft der Polizei (GdP), welche Parallelen zu den RAF-Terroristen zog. Ein Thor wer nicht weiß, dass die Berliner Morgenpost ein Blatt des Verlages Axel Springer ist. Genau jenem, der mit Hasstiraden und Hetzschriften eine Eskalation der damaligen Situation erst zustande kommen ließ. Von Terrorismus jedoch kann keine Rede sein. Es herrscht weder eine Struktur, noch gibt es ein ideologisches Ziel. Zudem ist im linken Milieu, im Gegensatz zum rechten, keine Zusammenkunft von politischen Gebildeten zu erkennen, welche auf eine Ausarbeitung einer Strategie deuten lässt.

Bisher wurden zum Glück keine Menschen verletzt oder gar getötet. Man sollte gezielt ermitteln und die Täter dingfest machen. Allerdings verfällt der Staat bereits jetzt, nach vierzehn gefundenen Brandsätzen, in Panik: Die Bundesgeneralanwaltschaft sowie das Bundeskriminalamt werden nun hinzugezogen. Im Grunde bewirkt das erstmal nur eines: Ein öffentliches Schüren von Hysterie.

Die Tagesthemen vom heutigen Mittwoch strahlten ein Interview mit Martin Jander, einem bedeutenden Historiker und Journalisten mit dem Fachgebiet RAF, aus. Er erklärt wunderbar, warum nicht von Terrorismus gesprochen werden kann.

Montag, 10. Oktober 2011

Kreativität der Langeweile

Der Proceß - ein spannendes, verwirrendes und interessantes literarisches Meisterwerk. Franz Kafka schrieb dieses Büchlein in den Jahren 1914 und 1915. Sein Protagonist Josef K. wird eines Morgens urplötzlich verhaftet. Fortan versucht er dem Grund seiner Verhaftung nachzugehen. Denn trotz seiner Festnahme darf er sich frei bewegen und seiner Arbeit nachgehen...
Wer kennt sie nicht, die wohl bekannteste Einleitung eines Romans: "Jemand musste Josef K. verleumdet haben." Auch die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe in Baden-Württemberg, unter Ihnen auch mein Bruder, widmen sich dieser Passage und weiteren Seiten des postum erschienenen und unvollendeten Romans im Deutschunterricht. Manche, wie sich zeigt, erfreuen sich mehr daran, manche weniger. Jedoch äußert sich dies nicht in Löcher in die Luft starren, sondern in wunderbarer Kreativität.

Freitag, 7. Oktober 2011

Der 'Glasmann' ist zurück


Die Verletzungssorgen bei Arjen Robben reißen nicht ab. Nach einer Schambeinentzündung, die ihn im Laufe der aktuellen Saison mehrfach belastete, wirft ihn nun eine "weiche Leiste" zurück. Eine Operation ist notwendig und wird am heutigen Freitag durchgeführt. Vermutlich steigt Robben Ende des Monats wieder ins Mannschaftstraining ein. Es stellt sich die Frage, ob sein Körper für solche Beanspruchungen überhaupt gemacht ist. Die Angst, dass das ein oder andere Wehwehchen schon chronisch wird, ist selbst beim 26-jährigen Holländer vorhanden. Der Verein wird sich Gedanken machen müssen. Lohnt es sich, Millionen für einen Dauerpatienten zu zahlen? Verletzungen brachten Deutschlands Fußballer des Jahres 2010 den Spitznamen "Glasmann" ein - ein Blick auf seine Krankenakte bestätigt dies: Muskelriss, Knöchelverletzung, Achillessehnenreizung, Muskelfaserriss, Knieprobleme, Zerrung, Oberschenkelprobleme, Muskelriss, Kapselverletzung, Rückenprobleme, Schambeinentzündung, Leistenbruch - und all das nur seit 2007.

Über Robbens Wert muss nicht diskutiert werden: Er ist einer der besten Fußballer Europas und unglaublich wichtig für den FC Bayern. Doch verdient er auch Unmengen an Geld, was die Frage aufwirft, ob dies nicht besser in einen anderen Spieler investiert wäre.


Bildquelle: flickr.com



Mittwoch, 5. Oktober 2011

Schnelllebigkeit des Fußballs

Seit nunmehr 1.018 Minuten ist Manuel Neuer wettbewerbsübergreifend ohne Gegentor. Damit hat er Bayern-Legende Oliver Kahn um ganze fünf Minuten überholt, den Bundesligarekord von 884 Minuten, aufgestellt von Timo Hildebrand im Jahr 2003, im Visier. Streng bescheiden gibt sich der 25-Jährige. Der Erfolg sei nicht nur allein ihm zuzuschreiben, auch die Abwehr trage einen erheblichen Teil dazu bei. Auch mit solchen Gesten spielt - und vorallem hält - sich Neuer in die Herzen der Bayern-Fans. Schwer hatte es der Nationalkeeper schon bevor er überhaupt seine Unterschrift unter den Vertrag mit den Münchnern setzte. Kaum waren Gerüchte über einen Wechsel aufgekommen, skandierten eine Anhänger des Vereins, die der Ultra-Bewegung zuzuordnen sind, Parolen gegen ihn. Wer hat sie nicht noch vor Augen, die A4-großen "Koan Neuer"-Plakate. Eine Aktion, kaum an Lächerlichkeit zu überbieten. Und das, nur wegen des Eckfahnenjubels von 2009? Einer Immitation Oliver Kahns? Naja. Dennoch, besser gesagt, zum Glück vollzog sich der Wechsel. Fußballfans mit einer bajuwarischen Neigung frohlockten und jubelten, nun den besten Torhüter im Kasten zu haben - zu Recht, wie sich heute zeigt. Zu Saisonbeginn musste sich Neuer noch den "Auflagenkatalog" gefallen lassen. Inhalt: Kein Wappen küssen, kein Jubel in der Südkurve, vermutlich auch kein Weißbier trinken, keinen Fuß nach Schwabing setzen und, und, und. Mittlerweile, und so ist nunmal Fußball, bekommt Neuer den Hass von der Schalker Seite. Von den Fans, die ihn vor seinem Wechsel vergötterten und ihm Anhimmelungen zu kommen ließen. Bei seiner Rückkehr nach Schalke, zum Bundesliga-Spiel mit den Bayern, welches 0:2 gewonnen wurde, wurde er mit an Geschmacklosigkeit kaum zu überbietenden Plakaten empfangen. Die "Koan Neuer"-Plakate waren dagegen beinahe harmlos. Ein Schriftzug prangerte um die halbe Arena: "Wir trauern um Manuel Neuer - zwischen 2005 und 2011, auferstanden als charakterlose Marionette".

Spätestens seit letzter Woche ist Manuel Neuer in München angekommen; besuchte die Wiesn und spricht bei Blickpunkt Sport gar bayrisch. Auch die Vereinsoberen um Karl-Heinz Rummenigge sind voll des Lobes: "Manuel ist die Steigerung von Titan", so der Vorstandsvorsitzende. Hält Neuer weiterhin den Kasten sauber, werden weitere Erfolge und somit mehr Vergleiche mit der Bayern-Legende, dem achtfachen Deutschen Meister, sechsfachen Pokalsieger, Champions League und UEFA-Pokal-Titelträger angestellt werden. Eine Tatsache, die selbst den Ultras gefallen dürfte.


Manuel Neuer bei Blickpunkt Sport: "Pack mas!"


Dienstag, 4. Oktober 2011

Des Ende einer Ära

Ein silbernes Gestell, verschönert mit einigen Aufklebern. Ein Lenker, wie gemacht für gemütliches Fahren. Ein charakteristisches Krächzen bei jedem Tritt in die Pedale. Ein Gepäckträger, maximal belastbar mit gefühlten drei Kilogramm und gesichert mit Paketschnur. Ein Sattel, weiß, ziemlich kaputt, Schaumstofffetzen und eine gebrochene Halterung. Ein Vorderlicht, nach einer regnerischen Fahrt durchgebrannt. Ein Hinterlicht, abgeschlagen beim Heraustragen aus dem Keller. Eine Klingel war nie vorhanden. Eine Gangschaltung, eigentlich mit stolzen sieben Gängen, jedoch ging nur der Vierte. Ein Kettenschutzblech, welches immer zurechtgetreten werden musste. Ein Vorderreifen, der nie platt wurde. Ein Hinterreifen, der öfter aufgepumpt werden musste.

Viele Jahre hielt das gute Stück, mein Fahrrad, meine "Hilde". Sie war stets treu, brachte mich wohin ich wollte und warf mich nur ein Mal unglücklich ab. Meine "Hilde" wurde am 3. Oktober diesen Jahres am hellichten Tage geklaut. Ein Unmensch, wer dies tut.

Einen materiellen Wert gibt es nicht. Dafür ist der emotionale Wert, und daher der Schmerz des Verlustes, umso größer.

Abendliche Stille


Morgens erwacht dieser Stadtteil früh: Die Müllabfuhr lärmt ebenso wie der LKW, der eine neue Ladung für einen Supermarkt mit orientalischen Köstlichkeiten bringt. Mittags ist die Straße mit Menschen gespickt, die ihre Einkaufstaschen füllen. Hinzu kommen Fahrradfahrer, die ohne Rücksicht über den Asphalt heizen. Autos hupen. Ihre Steuermänner haben vergessen, was "Rechts vor Links" bedeutet. Ein abendlicher Blick aber, aus dem zweiten Stock auf diese Straße im Freiburger Zentrum, ist einfach nur herrlich. Eine beruhigende Stille liegt plötzlich über den Häuserschluchten. Kurz bevor die Sonne untergeht. Jedoch hält der friedliche Augenblick nicht lange an, es scheint, als wäre dies nur die Ruhe vor dem Sturm gewesen: Krankenwagen, Betrunkene, laute Feierwütige und adrenalinbefeuerte, die wildsingend auf der Straße tanzen, zerstören diesen Moment voller Frieden und Gelassenheit.

Sonntag, 2. Oktober 2011

Klänge für den Herbst

Ein Mixtape welches wie gemacht scheint für den sich heranschleichenden Herbst. Mit diesen Klängen auf dem Plattenspieler wird es nicht schwer sein, das Rauschen der herabfallenden Blätter zu übertönen.

mixtape_X - meet_you_downstairs

1. the arcade fire: une annee sans lumiere
2. arari & iii: into the night (nicolas jaar rmx)
3. arctic monkeys: she's thunderstorms
4. bonaparte: my body is a battlefield
5. feist: the gatekeeper
6. joan as a policewomen: christobel

7. bon iver: skinny love
8. kele: unholy thoughts
9. lykke li: tonight

10. fritz kalkbrenner: kings in exile
11. the police: message in a bottle
12. adele: rollin' in the deep
13. edward shape & the magnetic zeros: home

14. trentemøller: moan
15. the naked and the famous: punching in a dream
16. johnny cash: hurt
17. amy winehouse: you know i'm no good
18. clueso: die luft schmeckt bitter


Der Eröffnungstrack von The Arcade Fire im Video:

                                 

Klangmelodien: Punkrock in Schmuseform

Wunderbare Klänge auf einer Autofahrt verließen den Radiolautsprecher. Die Moderatoren der damaligen Radiosendung beim Berliner Sender flux.fm spielten ein Stück, welches ich vorher noch nie hörte. Christobel. Die Band kam mir bekannt vor: Joan as a Policewomen. Dank des Internets hörte ich das Lied erneut, immer wieder, bis, eines Tages, die Langspielplatte genau dieser Band in meinem Briefkasten lag. Joan Wasser, Leadsängerin der Musikkombo Joan as a Policewomen sorgt nach eigenen Angaben für ein "punkrockiges R'nB-Erlebnis". Der englische Guardian betitelt sie als die neue Dusty Springfield. Wie auch immer: Ihre Musik ist ein einmaliges Hörerlebnis, welches ich jedem wärmstens empfehle.

Die Single Christobel im Video:



Diskographie (LP):

2006: Real Life
2008: To Survive
2011: The Deep Field



Bildquelle: http://www.covermesongs.com/2011/01/joan-as-police-woman-drinks-%E2%80%9Clover%E2%80%99s-spit%E2%80%9D-on-broken-social-scene-cover.html



Samstag, 1. Oktober 2011

Wunderbare Landschaften und eine spannende Geschichte - das ist Zypern

Zypern - ein wunderbares Reiseziel. Gespickt mit reichlich Geschichte aus der Antike, aber auch der neueren Geschichte, famosen Landschaften, bestehend aus Küsten, Sandstränden, einem traumhaft klaren Meer und schönen Städten, bietet es dem Entdecker reichlich Programm.

Ein kurzer Überblick: Vielerlei Kulturen befanden sich auf der Mittelmeer-Insel. So siedelten hier ca. 1000 Jahre v. Ch. Menschen aus dem kleinasiatischen Raum. Kurz darauf entdeckten die Hellenen das Inselland für sich. Um ca. 58 n. Ch. waren Politiker wie Cicero und Cato dafür verantwortlich, dass Zypern eine Provinz des Römischen Imperiums wurde. Die Teilung Roms im Jahr 395 sorgte für einen steigenden Einfluss der griechischen Kultur - kein Wunder, es fiel an Byzanz. Es herrschten 300 Jahre Frieden, ehe die Araber ihre Einfälle begannen. Im Jahr 965 gelang es Kaiser Nikephoros Phokas II. Zypern aus dem arabischen Einfluss zu befreien. Die Kreuzzüge sorgten nach einer 200-jährigen Ruhephase dafür, dass es dem dem Heiligen Orden verkauft wurde. Verkaufspreis: 100.000 Golddinar. Die Insel wurde zum bedeutendsten Vorposten der christlichen Kreuzfahrer gegen die Moslems. Ebenso gewann der Seehandel in dieser Region an Bedeutung, auch dank Zypern. Erst 1573 fiel Zypern wieder in die Hände der Muslime, genauer gesagt der Osmanen. In Person von Mustafa Paşa belagerte das Osmanische Reich diesen Fleck Erde und reformierten wo es nur ging. Die Staatsreligion, das Christentum, wurde abgeschafft, Leibeigenschaft und Frondienste ebenso. Stattdessen erlangte das Reich eine Religionsfreiheit, die besonders der orthodoxen Ostkirche zu gute kam. Bis ins 19. Jahrhundert sollten die verschiedensten Bevölkerungsgruppen auf Zypern friedlich nebeneinander leben. Die Briten annektierten die Insel Ende des 19. Jahrhunderts in ihr Empire, um den "kranken Mann vom Bosporus" Hilfestellung gegenüber der aufstrebenden russischen Macht zu liefern. Die Gründung des Staates Griechenland verschärfte den Konflikt zwischen vornehmlich griechischen und türkischen Menschen. Der griechische Teil der Bevölkerung rief vermehrt nach enosis, Einheit. Die Briten lehnten dies ab und nahmen stattdessen die vollkommene Kontrolle des Landes an sich, da die Türkei an der Seite des Deutschen Reiches in den Ersten Weltkrieg eintrat. Es entstand eine Zweiteilung der Bevölkerung. Zwistigkeiten untereinander entstanden, auch wenn die Briten es schafften, durch den Zweiten Weltkrieg zwei Jahrzehnte später, eine Einheit der Teilautonomien der Insel zu schaffen, um gegen die Achsenmächte vorzugehen. Zypern als Flottenbasis und "Vorort" für die Kontrolle des neugegründeten Staates Israel war zu wichtig um es aufzugeben. Zwischen den Jahren 1955 und 1974 herrschte in Zypern ein millitärer Untergrundkampf, mit dem Höhepunkt der Ausrufung der unabhängigen Republik Zypern im Jahre 1960. Jedoch war die Ruhe nur von kurzer Zeit: Die neue Republik forderte den Anschluss an Griechenland, was die türkische Bevölkerung nicht akzeptieren wollte. Die Eskalation drohte. Die UNO reagierte schnell: Um einen ethnischen Konflikt vorzubeugen,sandte diese 6000 Mann in die Region. 1974, nach Putschen und Staatsstreichen, errichtete die Türkei, mit Berufung auf den Londoner Vertrag von 1960, ein türkisches Protektorat im oberen Drittel des Landes, zum Schutz der türkischen Bevölkerung. Die Griechen in diesen Gebieten flohen gen Süden. Ein Jahr später rief Rauf Denktaş, Führer der Türkisch-Zyprioten, den Türkischen Bundesstaat Nordzypern aus, der jedoch nur von der Türkei anerkannt wird. Seit 2004 ist die Republik Zypern nun Teil der Europäischen Union.
Der Norden jedoch bleibt autonom. Statt sich auf Kompromisse einzulassen, verschlossen sie die Grenzen, machten den Norden nicht frei zugänglich. Dies führte zu einer Teilung der Hauptstadt Nicosia. Sie ist damit die letzte geteilte Hauptstadt Europas. Mittlerweile ist es immerhin wieder möglich, vom griechischen in den türkischen Teil der Insel zu gelangen. Ob jemals Ruhe in diesen Konflikt einkehrt, ist nicht vorherzusagen



Türkischer Teil der Hauptstadt, in der Nähe einer Moschee.
Küstenroute, nahe Polis.

Wunderbarer Meerblick zwischen Limassol und Pafos.
Die letzte geteilte Hauptstadt Europas: Nicosia.
In diesem Sommer wurde uns die Gelegenheit geboten, dieses spannende Land kennenzulernen. Nach vielen Tagen voller Entdeckungen, waren wir nach dieser Reise um einige wertvolle Erfahrungen reicher.


Auch erschienen auf Reise-Know-How.de



Kunst der Straße

Über Kunst lässt sich streiten: Manche mögen es bunt, andere schwarz und weiß. Manche mögen es durcheinander, andere akribisch geordnet. Manche mögen Pinselstriche, andere feine Bleistiftlinien. Alles auf Leinwand, Holz oder Papier.
Wieder andere bevorzugen die Kunst der Straße, auf Beton, Hausfassade oder Straßenschilder: Graffiti, Plakate, Sticker oder Tags mit Filzstiften. Sie übermitteln Botschaften, egal ob diese politisch, gesellschaftlich oder einfach nur sinnlos sind. Einige dieser kleinen oder großen Kunstwerke und Medienträger sind hier festgehalten. Aufgenommen in Berlin.





 








Samstag, 23. Juli 2011

Ein Mann spielt den Incubus

Freitagnachmittag, Oslo: Eine Ladung Sprengstoff detoniert. Mindestens sieben Menschen verlieren innerhalb weniger Sekunden ihr Leben. Viele weitere sind verletzt.
Freitag, früher Abend, Utøya: Schusssalven, nach 45 Minuten sind 85 Jugendliche tot. Weitere sind verletzt, unter Schock. Gezeichnet fürs Leben.
All das richtete ein Mann an, über den es zu schreiben eigentlich nicht wert ist. Laut Polizeiangaben ist er verrückt, rassistisch, muslimhassend; sich selber bezeichnet er auf Facebook als "konservativ" und "christlich". In jener Mythologie gibt es einen Dämon, genannt Incubus, der schlimmste Träume verursacht. Warum sich das jahrelange Mitglied der nationalpopulistischen Partei Norwegens zu solch einer unfassbaren Tat hinreissen ließ und was er damit erreichen wollte, weiß nur er selbst - wenn überhaupt.  Eines ist diesem menschgewordenen Dämon jedoch gewiss gelungen: Er hat dem skandinavischen Land einen "Albtraum" (Ministerpräsident Stoltenberg) beschert, aus dem es so schnell nicht aufwachen wird.

Freitag, 22. Juli 2011

Der Schmerz des Resignierens

„Es besteht der Verdacht, Sie hätten sich aktiv an den Aufständen gegen unsere Regierung beteiligt. Ist dem so? Antworten Sie!“ Laut, ohne Chance nur kurz meine Gedanken zu sortieren um eine Antwort zu finden, prasseln Wörter auf mich ein. Was soll ich sagen? Kann ich überhaupt etwas sagen? Mein Mund, nur noch da um das Gesicht komplett erscheinen zu lassen. Er schmerzt. Ich glaube, zu bluten. Wieder schlägt es auf mich ein. „Antworten Sie, sofort!“ Es bleibt nicht bei Worten. Unmittelbar nach einer erneuten Salve aus dem verbalen Maschinengewehr des Polizisten setzt es den ersten Schlag. „Wenn Sie nicht sprechen wollen, müssen wir sie wohl dazu bringen!“ Ich falle zu Boden. Die Schläge mit dem Gummiknüppel sind zu stark. Meine Jacke, ein grauer Cardigan, ist als Polsterung für solche Hiebe nicht gemacht. Schlag für Schlag lasse ich über mich ergehen. Den Willen etwas zu sagen hätte ich. Doch meine Stimme, meine Lippen und alles was benötigt wird, lassen mich in diesem Moment im Stich. Es ist die Stille, die Machtlosigkeit, über die ich schon so oft nachgedacht hatte. Aufgeregt hatte ich mich immer und immer wieder. Warum wissen sich manche Menschen denn nicht zu helfen. Warum sagen die denn nichts? Nun weiß ich wie sich ein solches Unvermögen anfühlt. Schmerzhaft.

Sind das die Gedanken und Geschehnisse der Aufständischen in Libyen und Syrien? Oder sind es die Ängste der Aufrührer in Saudi-Arabien, China und Nordkorea? Wie wird es in diesen Ländern weitergehen?

Freitag, 1. April 2011

Alles ist Fußball - Fußball ist alles.


Ein Fußballtrainer wie er im Buche steht und ihn wahrscheinlich jeder Kicker einmal hatte: Trillerpfeife um den ausgebeulten, mit reichlich Hopfen und Malz traktierten Bierbauch. Dazu ein mit vielen Bällen gefülltes Netz, mit welchen er bereits unzählige Begegnungen hatte, und die auch seine geschundenen, krummen, alten Beine erklären. Ist mit so einem Mann ein Gespräch, fernab des Fußballs, von Bolzplätzen, Blutgrätschen und Traumtoren möglich? Eigentlich nein. Doch mit Hilfe des runden Leders sollte es selbst diesem Paradeexemplar eines Fußballverrückten auf sympathische - wenn auch teils verrückte -, Art gelingen, die Welt zu erklären. Getreu dem Motto: Alles ist Fußball - Fußball ist alles.
Angefangen von den ersten Schritten des Fußballs auf der Insel, dem legendären Sparwasser-Tor oder der Ungerechtigkeit der Länderspielanrechnung für ehemalige Ostspieler - unser Trainer lässt kaum ein Ereignis rund um den Ball im vergangenen Jahrhundert aus. Doch nicht nur das sind Themen in seinem, wie er es nennt, "leidenschaftlichen Denken": Selbst historische Fakten lässt er nicht fußballerisch unkommentiert. So stellt er beispielsweise fest, dass es im Zweiten Weltkrieg zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien 2:1 nach Bombenabwürfen steht. Auch andere Sportarten scheinen dem leidenschaftlichen Denker, dessen  Sprechart durchaus auch als Brüllen interpretiert werden kann, nicht fremd, jedoch sind sie in seiner Wertschätzung eher in der untersten Schublade angesiedelt. Volleyball sei zu langweilig, nichtmals ein "Hab ich etwas verpasst?!" nach dem Toilettengang scheint hier von Nöten. Die Handballer und die Basketballer müssten gar nicht erst mit dem Spielen beginnen, fielen dort sowieso viel zu viele Tore, dass diese an Wichtigkeit verlieren würden. Wem dieser verschrobene, cholerischwirkende Mann nicht schon nach seinen passionierten Ausführungen, die so unvorhersehbar scheinen, wie die nasse Lederkugel auf einem von Pfützen und Matsch übersäten Kickplatz, ans Herz gewachsen ist, dem wird dies spätestens nach den fürsorglichen Erzählungen rund um seinen Ziehsohn Heiko, ein Verteidiger wie er im Buche steht, passieren. So erfahren wir, wie unser Protagonist seinem Topspieler von Frauen abrät, um das Mannschaftsgefüge nicht zu gefährden. Um dies zu beschleunigen, ernennt er seinen Heiko geschwind zum Spielführer. Er kümmert sich rührend um seine Jungs, telefoniert ihnen hinterher und riskiert so eine horrende Telefonrechnung. 
Gegen Ende des Werkes ein Umschwung, welcher den Leser beinahe aus seinen geschnürten Stollenschuhen jagd: "Rein von der Evolution her", so unser Philosoph, "kamen wir von den Bäumen runter und nahmen die Füße zum laufen". Bis 1867 wären Seuchen und Kriege das größte Übel gewesen, doch dann wurde begonnen Fußball zu spielen. Die Polizei hätte keinen Grund gesehen, dass Kicken im Park zu unterbinden, so ließen sie die Hand voll junger Männer weiter auf einem Stück Wiese hinter einem runden Leder her hecheln. Unser Trainer dagegen sieht darin einen großen Irrtum, allesamt hätten erschossen werden müssen! Die Zerschlagung der öffentlichen Ordnung habe somit begonnen...


Thomas Brussig, geboren 1965 in Berlin, gelingen mit diesem Büchlein wunderbare Doppelpässe zwischen der neuesten deutschen Geschichte, Gesellschaftskritik (ob fundiert oder am Kneipenstammtisch) und dem Fußball. Nach Erfolgen wie "Am kürzeren Ende der Sonnenalle", folgte im Jahr 2006 Leben bis Männer. Hiermit gelang es Brussig, der seine Brötchen vor seinem schriftstellerischem Erfolg u.a. als Museumspförtner, Tellerwäscher, Reiseleiter, Hotelportier, Fabrikarbeiter und Fremdenführer verdiente, auch fußballdesinteressierte Leser von diesem einzigartigen Sport zu überzeugen. Gar soweit, dass es Einzug in den Deutschunterricht mancher Gymnasien hielt. 

Dienstag, 29. März 2011

Der stürmische Philosoph


Mit seiner überzeugenden Art hat es der französische Philosoph, Journalist und Publizist Bernard-Henri Lévy geschafft, Frankreich für einen Militärschlag gegen das Gaddafi-Regime zu überzeugen. Er reiste Anfang diesen Monats selbst nach Libyen, machte sich hier ein eigenes Bild von den Geschehnissen. Lévy kam zu dem Entschluss, dass nur mit einem Krieg das "Kriegsziel Gaddafi" zu stürzen sei und machte diesen publik. Dies war nicht die erste politische Intervention die der "bekannteste und wohl auch umstrittenste politisch Intellektuelle" aus unserem Nachbarland vornehmen sollte. Bereits 1981 setzte er sich für eine Präsidenschaft Mitterands ein. In seiner Funktion als Kopf der Filmkommission lernte er die Medien für sich zu nutzen. Er schrieb Essays zu politischen und gesellschaftlichen Themen in den berühmtesten Zeitungen und Wochenmagazinen Europas, etwa im SPIEGEL oder der Libération. So plädierte er Mitte der Neunziger für eine Unabhängigkeit Bosnien-Herzegowinas mit Hilfe eines unter seiner Regie entstandenen Films. Auch Jahre - und einige Veröffentlichungen später -, nutzte der aus einer wohlhabenen Familie entstammende Lévy seine Präsenz und rief gegen eine Wahl Sarkozys auf, da dieser die Bewegung der 68er, zu der sich der Philosoph selbst zählt, harsch kritisierte. Dieser Aufruf Lévys fand kein Gehör - Sarkozy wurde gewählt-, im Gegensatz zu den neuesten Forderungen, die er nun öffentlich machte. BHL, wie er sich selbst nennt, überzeugte seinen einstigen politischen Gegenspieler, den amtierenden französischen Staatschef, mit Nachdruck, dass ein Militärschlag gegen das grausame Regime des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi das einzig richtige sei. Das willkürliche Abschlachten der Menschen, in  diesem Land, das Inszenieren von Kollateralschäden mit Hilfe von angeschafften Leichen und das Benutzen von Zivilisten als lebendige Schutzschilde, indem sie an Panzer gekettet werden, muss, so Lévy, ein Ende finden. Der legitime Nachfolger Sartres stieß bei seiner geäußerten militärischen Präferenz, die am 18.3. im UN-Sicherheitsrat gebilligt wurde, nicht nur auf Gegenliebe. Nicht nur des Inhalts wegen, auch seine oftmals arrogant anmutende Art und sein viel diskutierter, da illustrer, Lebensstil sind bei den Franzosen umstritten. Ein Großteil der Menschen in Libyen jedoch wird ihm dankbar sein, für sein stürmisches Naturell.


Im Kulturmagazin der ARD ttt - Titel, Thesen, Temperamente äußerte sich vergangenen Sonntag der dreifache Familienvater und Ehemann der Schauspielerin Arielle Dombasle, zu den aktuellen Geschehnissen im nordafrikanischen Mittelmeerstaat.




Kampf gegen den Plagiatsstempel


Die Freude über die absolvierten Klausuren kurz nach Semesterschluss währt nur kurz. Etwas, dass man beinahe schon wieder vergessen (oder besser gesagt verdrängt) hat, schleicht sich wieder in den studentischen Alltag: die Hausarbeit. Bis zum Abgabetermin, welcher immer schneller kommt als man denkt, müssen eigene komplexe Gedankengänge, historische Fakten - mit schreiberischen Fähigkeiten kombiniert -, auf Papier gebracht werden. Spätestens nach der Hälfte des Bachelorstudiums ist diese Arbeit eigentlich Routine. Doch zu Beginn diesen Jahres wurde uns Studenten ein Bärendienst erwiesen. Die Finger unseres Verteidigungsministers a.D. drückten beim "Schreiben" seiner Doktorarbeit mit Vorliebe die Kombination STRG+C sowie STRG+V und vernachlässigten die anderen 83 bis 104 Tasten. Copy & Paste genießt seit dem ein noch negativeres Ansehen in wissenschaftlichen Kreisen als es sowieso schon tut und ist im Campus-Jargon auch als guttenberg'sches Arbeiten verschrien. Um nicht in diese Arbeitsweise zu verfallen, gar als "Schüler Guttenbergs" betitelt zu werden, ist ein noch intensiveres Belegen und Zitieren von Nöten: Die Grundlagen studentischen Schaffens sollten noch gründlicher konsultiert werden. So gilt die Devise: Lieber einmal zu viel belegt als zu wenig, um das schnellere Zücken und Fallen des Plagiatsstempels zu verhindern.

Sonntag, 27. Februar 2011

111 Jahre "Mia san mia"

Heute vor 111 Jahren traf sich ein Mann namens Franz John mit weiteren 17 Männern. Sie alle teilten eine Leidenschaft: Die Liebe zum Sport, zum Fußball. So gründeten sie am 27. Februar 1900 den FC Bayern München. Heute, ein Jahrhundert, eine Dekade und ein Jahr später ist aus diesem Verein der größte und erfolgreichste Deutschlands geworden und das mit mehr als 167.000 Mitgliedern, einem geschätztem Jahresumsatz von 320 Millionen Euro und eine ellenlange Liste von Erfolgen.
Im Jahr 1932 gelang es dem Verein erstmals die deutsche Meisterschaft zu erringen. Im Finale gegen Nürnberg gewann man 2:0. Die folgenden Jahre waren überschattet von der Nazi-Diktatur: Präsident Kurt Landauer musste aufgrund seiner jüdischen Wurzeln zurücktreten. Viele Spieler traten die Flucht in die Schweiz an, unter ihnen auch Topspieler Oskar Rohr. Zudem wurde der als "Judenclub" abgestempelte Verein wurde mit reichlich Repressalien belegt.
1957 wurde der erste DFB-Pokal-Sieg eingefahren. Eigentlich gar nicht willig, am Wettbewerb teilzunehmen, um Reisekosten zu sparen, erreichte der FCB das Endspiel und schlug hier die Düsseldorfer Fortuna.
Ein Mann namens Zlatko Caikovski übernahm den FCB Anfang der sechziger Jahre in der neugeschaffene Regionalliga. Unter seinen Fittichen ein gewisser Franz Beckenbauer, nur bei den Roten in München, da er im Trikot der 60er von einem Mitspieler geohrfeigt wurde, und sich deshalb für einen Wechsel entschloss. Aber auch ein "kleines, dickes Müller" machte seine ersten Spiele und vorallem Tore. Im Jahr 1965 folgte der Aufstieg in die Bundesliga.
Die siebziger Jahre waren international DAS Jahrzehnt des Vereins, der Weg auf den Thron Europas wurde beschritten. Udo Lattek schaffte es mit der Achse Maier - Beckenbauer - Müller, plus weiteren Größen wie Breitner, Schwarzenbeck und Hoeneß, drei Mal in Folge den Europapokal der Landesmeister zu gewinnen. Auch in der Liga setzte der Verein eine Bestmarke: So wurde die Saison 1971/72 als Meister mit 101 geschossenen Toren - 40 Stück gingen davon allein auf das Konto vom Bomber, von Gerd Müller. Die Mannschaft spielte von nun an im Olympiastadion zu München. Dies sollte bis ins Jahr 2005 auch die Spielstätte der Bayern bleiben. Im Jahr 1974 wurde Deutschland, auch aufgrund des Bayernblocks, Weltmeister im eigenen Land und in eben diesem Stadion.
Der Schritt in die Achtziger wurde mit einem Umbruch vollzogen: Beckenbauer verließ den Verein Richtung Amerika, ebenso Müller. Schwarzenbeck beendete seine Karriere wie auch Maier und Hoeneß. Neue Spieler, wie Rummenigge, Dieter Hoeneß und Augenthaler kamen hinzu. Doch auch ein Rückkehrer aus Spanien: Paul Breitner. Unter seiner Regie wurden in den folgenden Jahren sechs nationale Meisterschaften und drei Pokalsiege eingefahren.
Diese Souveränität ging verloren: Die Neunziger waren eine andauernde Trainersuche. Der Verein verlor bis kurz vor dem Jahrtausendwechsel seine Identität. Das Mia san Mia wurde vom FC Hollywood abgelöst. Heynckes, Ribbeck, Trapattoni, Rehhagel, Beckenbauer, Trapattoni als Trainer "getestet". Spieler kamen und gingen: Laudrup, Sternkopf, Mazinho waren Negativbeispiele. Doch bewies der FC Bayern auch ein gutes Händchen: Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann, Mehmet Scholl, Jorginho, Oliver Kahn, Bixente Lizarazu und auch Giovane Elber sowie Stefan Effenberg fanden den Weg nach München. Sie sollten unter der Leitung von Ottmar Hitzfeld eine neue Ära prägen. Der "Sekunden-Tod, die Niederlage im CL-Finale 1999, ließ den Verein noch mehr zusammen wachsen. Nur so konnte zwei Jahre später der Traum endlich erfüllt werden.
Elfmeterschießen in Mailand. Es ist der 23.5.2001: Oliver Kahn hält den entscheidenden Elfmeter, die Bayern haben den Henkelpott in ihren Händen. Europas Thron ist wieder rot-weiß besetzt. Doch nicht nur das: Die Meisterschale liegt ebenso in vertrauten Gefilden. Patrik Andersson sorgte mit seinem Last-Minute-Tor für die verloren geglaubte Meisterschaft.
In den folgenden Jahren kamen einige Titel hinzu, Meisterschaften, Pokalsiege.  Die Allianz-Arena wurde fertiggestellt. Ein Fußballtempel, wie es dieser Club verdient. Typen wurden geschaffen: Michael Ballack beispielsweise, Bastian Schweinsteiger und Phillip Lahm. Doch kamen auch Namen nach München, die International bereits für Furore sorgten, wie etwa Makaay, Toni, Ribéry und Robben. Diese beiden prägen das heutige Team, sind das Gerüst in Kombination mit Lahm und Schweinsteiger. Unter Louis van Gaal, dem holländischen Exzentriker und Feierbiest, sollte diese Geschichte weitergeschrieben werden. Es gelang: Mit den Jungspunden Badstuber und Müller gewann man Meisterschaft und Pokal 2010, verlor unglücklich das Finale der Champions League. 
Die Aussichten auf erfolgreiche Jahre in der Zukunft sind also gegeben, auch, da der Verein seine Identität, seine Besinnung auf Tradition, zurückgewonnen hat. Das, was ihn, seine Spieler, seine Anhänger ausmachten und ausmachen:  das Mia san Mia. Herzlichen Glückwunsch, FC Bayern München!

Auch erschienen auf SPOX.com am 28. Februar 2011.