Snake Skin Shoes

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Montag, 16. April 2012

Die Leiden des jungen Tanzschuppengängers

Am besten fährt, wer die Augen gleich ganz geschlossen lässt. Denn derjenige der sie offen hält, kommt nur in den Anblick verschrobener Gestalten. Und das zu verkraften ist, bei einem überlauten Konsum von unglaublich bescheidener Disc-Jockey-Kunst, beinahe unmöglich. Lugt man doch einmal hervor, bekommt man neben epileptischen Flackerlicht und künstlichem Nebel den mittlerweile standardisierten Mittelklasse-Prollo zu sehen: Weißes T-Shirt mit Knopfleiste, eine güldene Kette ziert den Stiernacken, die Jack&Jones-Hose im Used-Look und eine 5mm Kurzhaarfrisur. Tanzstil? Nicht vorhanden. Oder bezeichnet man das unrhythmische, auf einer Stelle umher wippende Stehen schon als Tanzstil? Flankiert wird dieser Typ von einer Bohnenstange, welche ihr Haupt platinblond färbt und das Haarspray in solchen Mengen benutzt, als wolle sie wie ein Kammerjäger Ungeziefer in ihrer betonisierten Haarpracht verpesten. Sie pusht auch dort, wo man nicht mehr pushen kann. Trägt ein Playboy-Kettchen und einen Ultra-Minirock - oder war es doch nur ein Gürtel?
Doch wer lässt sich schon von Äußerlichkeiten beeinflussen. Zählen nicht die inneren Werte? Doch scheinen auch diese in der heutigen Generation "Disco" vollends verloren gegangen. Wer ausversehen mit dem Ellenbogen ein wenig ausschert, bekommt eine zentriert. Wer einmal frenetisch mitgrölt oder zumindest die Instrumente mitklackert (De-De-De-De-Dä-Dä-Dä-Dä), wird mit Todesblicken gestraft. Menschen mit einer einigermaßen vorhandenen Nettiquette auf der Tanzfläche zu suchen und vorallem zu finden, macht schon lange keinen Sinn mehr. Auch vor der Türe sieht es düster aus. Der Türsteher beleidigt einen entweder wegen des veralterten Fotos im Ausweis oder wegen dem kläglichen Versuch, mit seinem Kinderausweis Eintritt zu erlangen, da man das greise Alter von 30 Jahren bereits überschritten hat. Da bleibt doch eigentlich nur die Garderobendame. Doch weit gefehlt, diese war auch einmal von der höflicheren Sorte. Das heimliche Jacke in den Ärmel stopfen entdeckt sie sofort und verhindert dies mit einem beleidigenden Kraftausdruck. Für die Verwahrung der Textilien knöpft sie dem armen Studenten auch noch einen Euro ab und verzichtet auf eine Gegenverabschiedung. 
Sprachen wir schon von der Musik? Die eingangs erwähnte DJ-Kunst siedelt sich, trotz einem passablen Angebot an Musikdateien im Internet, im unteren Segment an. Oftmals wird der Plattendreher-Toni aus dem nächsten Kuhdorf als DJ-Wunder "DJ Mega FicKtion" angepriesen. So sollen wohl die Massen angezogen werden. Meist aber stellt sich heraus, dass jeder überflüssige Ohrenschmalz besser im Gehörgang aufgehoben ist, als diese vermurksten Remixe.
Ach, in die Diskothek gehen ist einfach nicht mehr das, was es mal war. Sagte der Mittzwanziger.

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