
"Nehmen wir die Demonstranten als Leberwurst, dann müssen wir in die Mitte hineinstechen, damit sie am Ende auseinander platzt."
Neben der tierischen, gab es auch die kulinarische Anweisung: Die "Leberwursttaktik" sah vor, in der Mitte gewalttätig einzugreifen, um die Menge über die Rändern auseinander zu treiben. Mit diesen Instruktionen im Kopf, machte sich auch Polizist Karl-Heinz Kurras auf den Weg. Seine Interpretation dieses Kommandos beinhaltete Hiebe mit dem Schlagstock, Einsatz von Tränengas und einen Schuss: Dem Schuss aus seiner - angeblich gesicherten -, Waffe, um 20.30 Uhr, gegen den friedlich protestierenden Benno Ohnesorg. Dieser konnte weder von der herbeieilenden Zeugin Friederike Dollinger noch von den Sanitätern gerettet werden. Ohnesorg starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus - angeblich an einem Schädelbruch. Jedoch ist sicher, dass an der Leiche des Studenten operiert wurde, um die Ursache "Tod durch Kopfschuss" zu vertuschen. Die Stelle des Schädels wurde herausgesägt und gilt seit jeher als verschwunden.
"Bist du denn wahnsinnig hier zu schießen? - Die ist mir losgegangen."
Kurras wurde der Prozess gemacht. Jedoch sprach man ihn aus Mangel an Beweisen 1971 frei. Er selbst berief sich auf "Notwehr". Gegen welche Tat er sich wehren musste? - man weiß es nicht. 2009 wurde gegen ihn erneut ein Verfahren aufgenommen. Seine Stasi-Tätigkeit wurde bekannt; es sollte untersucht werden, ob er nicht von den Offiziellen Ost-Berlins angestiftet wurde, einen Studenten umzubringen. Am heutigen Mittwoch wurde das Ermittlungsverfahren gegen den heute 83-Jährigen wegen des Schusses an Benno Ohnesorg eingestellt. Kurras hätte wohl damals nicht gedacht, dass ihm diese Leberwurst nach so langer Zeit, noch so schwer im Magen liegen würde.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen