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Sonntag, 20. November 2011

Dem Druck erlegen

In den letzten Wochen wurde der Druck auf die Schiedsrichter in der Fußball-Bundesliga wieder immens: Die Presse prügelte auf sie ein und attestierte ihnen ein unterirdisches Zwischenzeugnis. Doch nicht nur die Medien üben sich Woche für Woche in Attacken gegen die Männer in Schwarz, auch von den Rängen hagelt es Kritik - und meist fällt diese um Längen härter aus, als die auf bedrucktem Papier: "Du blinde Sau", "Schieber" und "Schiri, du Arschloch" sind die nettesten Parolen der unzufriedenen Anhänger. Hinzu kommen "Fans" die ihre Wut nicht nur verbal äußern, sondern Bierbecher, Feuerzeuge oder Münzen auf die Unparteiischen feuern. Robin Dutt, mittlerweile Trainer in Diensten Leverkusens, stellte vergangene Saison einmal fest, dass "der Schiedsrichter dem Druck des Publikums" erlegen sei. Insgesamt setzen sich 78 486 Schiedsrichter von der  Kreisklasse bis zur Bundesliga, Spieltag für Spieltag diesem Spießrutenlauf aus, um uns Zuschauern ein Spiel zu ermöglichen; es nach Möglichkeit fair und unparteiisch zu leiten. Das dies nicht immer gelingt, sei dahingestellt. Auch falsche Entscheidungen gehören nunmal zum Spiel, sind menschlich und passieren nunmal. Manche trennen Privates vom Beruflichen, setzen sich nach erledigtem Job in eine Kneipe und trinken ihr Feierabendbier. Andere wiederum nehmen die Beleidigungen von den Rängen mit nach Hause. Fehlentscheidungen, verfolgen sie in ihren Träumen. Vielleicht ist es das, was Babak Rafati, Bundesliga- und FIFA-Referee, am gestrigen Samstag dazu veranlasste, sein Leben zu beenden. Vor der Partie des 1.FC Köln gegen Mainz 05 begang der 41-Jährige einen Selbsttötungsversuch. Nur seinen Assistenten, welche das Hotel mit ihm teilten, ist es zu verdanken, dass er überlebte. Seit dem Jahr 2000 leitet Rafati Spiele der 2., ab 2005 dann auch der 1. Bundesliga. 2008 stieg er gar in die Elite auf und wurde FIFA-Referee. War es wirklich der oben erwähnte Druck? Ist es der Steuerskandal, in den so mancher Schiedsrichter verwickelt sein soll? Spekulationen über Spekulationen. Von einem Erschöpfungssyndrom dagegen ist, laut Rafatis Vater, nicht auszugehen. Er sei glücklich gewesen, es hätte keinerlei Anzeichen für den Suizidversuch gegeben. Spieler, Trainer und Funktionäre der Bundesliga reagierten auf diesen Vorfall geschockt.

Der gestrige Tag lässt die Diskussionen um den Druck im Profi-Fußball neu entflammen. Ist dieser für "Normalsterbliche" überhaupt noch auszuhalten? DFL-Präsident Reinhard Rauball äußerte sich gegen ein unmenschliches Abdriften des deutschen Fußballs. Es gäbe "viele andere, die in der Bundesliga mit dem Druck klarkommen". Man könne nun "nicht den ganzen Fußball in Frage stellen", so Rauball bei spox.com. Jedoch häufen sich in letzter Zeit die Bekenntnisse von Funktionären und Spielern, an einem Burn-Out gelitten zu haben oder zu leiden. So zog sich beispielsweise Anfang der Saison aus diesen Gründen Ralf Rangnick vom Traineramt des FC Schalke 04 zurück. Depressionen und zu hoher Druck waren auch die Gründe für den Selbstmord unseres früheren Nationaltorhüters Robert Enke. Er hatte sich im November 2009 dazu entschlossen, aus dem Leben zu treten. Dieses schreckliche und tragische Ereignis ließ manche über den Stellenwert des Fußballs nachdenken. Man sah ein, das die Gesundheit oder das Private wichtigere Dinge sind, als das allwöchentliche Spielen auf dem Platz. Enke wurde zum Sinnbild dieser wichtigen Diskussion. Die resultierende Erkenntnis daraus hallte, wie dieser 19. November 2011 allerdings zeigt, nicht lange nach. Sonst hätte das Spiel der Kölner gegen die Mainzer mit Babak Rafati als leitende Person angepfiffen werden können.

1 Kommentar:

  1. http://www.11freunde.de/international/146497/warum_warum_warum

    Ein Artikel über den Selbstmord Gary Speeds, ehemaliger walisischer Fußball-Nationaltrainer.

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